Update zu ReArm Europe - Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

Wichtige Punkte

  • Europa hat einen beschleunigten Aktionsplan zur Stärkung der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik angekündigt
  • Der ReArm Europe-Plan und der deutsche fiskalische Kurswechsel werden das Wachstum unterstützen, jedoch erwarten wir, dass geopolitische Spannungen und Handelskonflikte dämpfend wirken
  • Wir sind positiv gegenüber deutschen Aktien , die von fiskalischen Impulsen profitieren, sowie gegenüber europäischer Duration eingestellt

 

Die Dringlichkeit, die EU-Verteidigung zu stärken

Der im September letzten Jahres veröffentlichte Bericht des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi[1] forderte die EU auf, ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederzubeleben und zu stärken. Ende Januar hat die Europäische Kommission den Competitive Compass vorgestellt, um Europas Wirtschaftswachstum und Wohlstand zu sichern. Der Bericht verfolgt folgende Ziele:

  • Schließen der Innovationslücke zu den Hauptwettbewerbern
  • Verknüpfung von Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit
  • Erhöhung der Widerstandsfähigkeit in den Lieferketten und stärkere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Verteidigungsbereich

Angesichts der Unsicherheit über das US-Engagement zur Sicherheitsgewährleistung in EuropaEuropa haben  europäische Staats- und Regierungschefs kürzlich eine Reihe von Maßnahmen angekündigt, um ihre eigenen Verteidigungsfähigkeiten zu stärken.

 

Umfangreiche Investitionen als Gegengewicht zu Zollrisiken

In einem bedeutenden Politikwechsel haben sich die zentristischen Parteien Deutschlands auf eine Anpassung ihrer finanzpolitischen Strategie geeinigt. Sie haben erhebliche Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur angekündigt. Die geplanten Maßnahmen umfassen:

  • Ausnahme von Verteidigungsausgaben über 1% des BIP von der Schuldenbremse
  • Einrichtung eines 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds, der über die nächsten zwölf Jahre investiert werden soll

Obwohl diese fiskalischen Anpassungen eine bemerkenswerte Entwicklung in der Politik Deutschlands darstellen, bleiben die wirtschaftlichen Auswirkungen ungewiss. Wir erwarten, dass der Wachstumsimpuls bei maximal 0,6 % im Jahr 2025 und 0,8 % im Jahr 2026 liegen wird – vor allem aufgrund Deutschlands Importabhängigkeit bei Militärausgaben und erheblicher Umsetzungsrisiken im Infrastrukturbereich.

Gleichzeitig hat die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, den Mitgliedstaaten mehr finanzielle Flexibilität zu gewähren, um ein Verteidigungsziel von 3,5 % des BIP innerhalb der nächsten vier Jahre zu erreichen.  Das ReArm Europe-Programm basiert auf zwei zentralen Säulen:

  • Aktivierung der "nationalen Ausweichklausel", damit die Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben erhöhen können, ohne gegen EU-Finanzvorschriften zu verstoßen
  • Schaffung eines neuen EU-Instruments, das 150-Milliarden-Euro an Krediten bereitstellen kann, um die Verteidigungskapazitäten der Mitgliedstaaten zu stärken

Insgesamt könnten die Verteidigungsausgaben in der EU innerhalb von vier Jahren um bis zu 800 Milliarden Euro steigen. Allerdings bestehen erhebliche Umsetzungsrisiken: Wie Mario Draghi betonte, ist die industrielle Basis stark fragmentiert, und „im Verteidigungssektor kommt die gemeinsame Planung vor den gemeinsamen Ausgaben“. Zudem ist Europa weiterhin auf Importe für militärische Güter angewiesen, weshalb der wirtschaftliche Effekt zwar positiv, aber begrenzt sein dürfte – voraussichtlich +0,2 % Wachstum pro Jahr für die Eurozone.

Die jüngsten Ankündigungen sind von großer Bedeutung, doch sollte ihre wirtschaftliche Unterstützung nicht überschätzt werden. Immerhin haben sich die Rezessionsrisiken verringert, da diese Maßnahmen die negativen Folgen des bevorstehenden Handelskriegs mit den USA abmildern könnten. Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Wachstum in der Eurozone 2025 knapp unter 1 % liegen wird.

 

Positiver Ausblick auf deutsche Aktien und europäische Duration

Die jüngste Korrektur am US-Aktienmarkt wird von Investoren als "Momentum-Turbulenz" bezeichnet, die durch die zunehmende Unsicherheit über die Handels-, Einwanderungs- und Steuerpolitik der Trump-Regierung ausgelöst wurden. Wir sehen diese Entwicklung als mögliches, zumindest vorübergehendes, Ende der US-Exzeptionalität.. Gleichzeitig befindet sich Europa in einem raschen Wandel. Steigende geopolitische Risiken haben die Anfälligkeit der EU für historisch niedrige Verteidigungsausgaben deutlich gemacht. Infolgedessen treibt die EU ihre Bemühungen um größere strategische Autonomie voran, wobei Deutschland aufgrund seiner finanzpolitischen Spielräume eine führende Rolle übernimmt.

Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Strategie angepasst und eine vorsichtigere Haltung gegenüber globalen Aktien eingenommen. Wir sind negativ gegenüber US-Aktien gestimmt, während wir in anderen Regionen neutral bleiben. Angesichts dieser Entwicklung bevorzugen wir deutsche Aktien, den Verteidigungssektor und Branchen, die von fiskalischen Anreizen profitieren werden. Der Verteidigungssektor hat sich deutlich besser entwickelt als der MSCI Europe Index und ist seit Jahresbeginn um rund 60 % gestiegen[2], was jedoch Bewertungsrisiken mit sich bringt. Trotz der hohen Bewertungen dürfte der Sektor weiterhin von einem "Gewinn-Superzyklus" profitieren, der durch steigende europäische Militärausgaben angetrieben wird.

Kurzfristig könnte ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine zu Gewinnmitnahmen bei Rüstungswerten führen, während andere europäische Aktien von optimistischerer Marktstimmung profitieren könnten.

Auf der Durations-Seite sehen wir die europäische Duration weiterhin als eine attraktive Absicherung gegen potentielle Umsetzungsrisiken der EU-Investitionspläne. Die europäischen Anleiherenditen sind seit Ende Februar gestiegen, was sowohl auf die Erwartung einer verstärkten Emission von Schuldtiteln als auch auf die potenziellen positiven Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist.

Wir behalten eine neutrale Haltung zum Euro gegenüber dem Dollar bei, da negative Faktoren wie Zölle und Handelskonflikte die positiven Effekte steigender Investitionen weitgehend ausgleichen dürften.

 

[1] https://commission.europa.eu/topics/eu-competitiveness/draghi-report_en
[2] Quelle: Bloomberg. Stand der Daten: 12/03/2025.

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